Ist das Foto schief oder der Horizont schräg? Oder stehen ich und das Fahrrad quer in der Landschaft? Geht es in den Badlands nur geradeaus? Ist das Auf und Ab, sind Berge nur eine Vorstellung?
Noch immer habe ich Mühe, meine Strecken in Meilen und Kilometern, in Höhenmetern und Feet einzuschätzen. Gerne würde ich wissen, was kommt. Mir sicher sein. Die Sache im Griff haben. Bis jetzt verliefen wenige Tage gänzlich ausser Plan. Das Wetter und Glück meinen es meist gut. Die windigen, kalten und heissen Intermezzi fühlen sich nachträglich fast abenteuerlich an.
Ich wollte meine Reise nie mit Kilometern und Höhenmetern «überladen». Sondern meine Ziele meist entspannt erreichen. So trage ich Informationen zusammen, stelle und nehme mir vor. Dann folgt das Tun und das Ist. Was gut für die Erfahrung und meineDemut ist.
Neu sind für mich Etappen, die auf der Karte als gerader Strich erscheinen. Meist vermeide ich vor der Fahrt das Höhenprofil zu checken. Ausgenommen bei Passfahrten. Irgendwann habe ich aufgehört, sie zu zählen. Die letzten fuhr ich Tagen in den Badlands, ein Nationalpark in South Dakota. Heiss, aber wunderbar!
Relevanter sind die Verhältnisse zwischen Strecke, Steigung, geschätzter Fahrzeit, Foodstationen und Wetter. Und einen Plan B zu haben, für eine Übernachtungsmöglichkeit vor oder nach meinem gesetzten Ziel. Falls dieses eine Belastung wird oder mir noch nicht reicht. Schaue ich mir vor der Fahrt das Höhenprofil an, denkt es immer höher, als es am Ende ist. Im Minimum sollten es inzwischen 70 Kilometer pro Tag sein. 80 bis 90 ist ideal. 100 sind ganz in Ordnung. Ab 110 Kilometer und sechs Fahrstunden wackeln mir die Ohren. Ich werde genervt, unaufmerksam, gelangweilt und natürlich müde.
Schaue ich über meine Schulter, was hinter mir, werden die Meter in Länge und Höhe unscharf. Die Strasse verschwindet in der Landschaft. Was bleibt, ist die Erinnerung, die Wirkung. Bei langgezogenen Hügeln sind die Höhenmeter nur auf dem höchsten und niedrigsten Punkt sicht- und fühlbar.
Immer wieder bin ich überrascht, wie facettenreich ein gleichförmig scheinendes Land sein kann. Gerne mache ich auch da kurze Stehpausen. Je schneller die Räder drehen, je mehr der Fahrtwind die Ohren für das Rundherum schliesst, desto weniger Kontakt habe ich zur Erde. Stehe ich am Rand der Strasse, mitten in dieser Fläche, höre und schaue ich in die Weite, sehe ich förmlich, wie gross und rund dieser Planet ist. Ist das ein Paradoxon oder eine optische Täuschung einer vermeintlichen Grenzenlosigkeit?
Neu ist gegen Ende der Reise, dass ich die Etappen gleichmässig lang, etwas kürzer und ohne Pausentage plane. Ist meine Tagesform niedrig, so erinnere ich mich an Christines Rat: «Denke an die Wege, die du schon gefahren bist. Waren sie machbar? Dann frage dich: Sind es die kommenden?».