Eine Schachtel für die Welt
Aktuell schaukeln wir auf der Fähre von Cherbourg nach Rosslare. Simone auf dem Deck und ich unten bei den Trucks. Es riecht auf der ganzen Fähre nach allerlei Tieren. Dafür transportieren sie auch mich. Das mit direkt nach Dublin, klappte am Ende doch nicht. Fahrradtransporte wären dahin nicht möglich. Simone meinte, well, we can stil cycle from Rosslare to Dublin. In Städten "einfahren", das wäre so oder so immer ein besonders "chribeliger" Moment. Gefragt werde ich bei solchen Entscheidungen selten. Trotzdem harmonieren wir in diesen vier ersten Wochen schon wieder ganz gut.
Wahre Eleganz
Kürzlich hatten wir jedoch einen Disput. Ich bat sie, nicht so zu wackeln. Sie schnaubte, sie wackle nicht! Das wäre Körpereinsatz, schliesslich gehe es hoch. Und sie hätte es leid, dass es immer am Ende des Tages noch eine Steigung geben müsse. So schlimm sah die Lage nun auch wieder nicht aus. Der Wind war steiler. Ich dachte ja nur, sie würde mit ihrem Wackel nicht so elegant aussehen. Schliesslich bewundert sie in Frankreich nicht nur die tollen Fahrradwege, die schöne Landschaft, die helle Atmosphäre (sofern es nicht regnet) und das feine Essen, sondern besonders die vielen eleganten, schnittigen Rennradfahrer. Na ja, die sehen wir vorwiegend von hinten. Wahre Eleganz ist aus dieser Perspektiv schwer zu erraten. Sie meinte in diesen Tagen öfters, wir wären alles andere als schnittig. Ich finde aber, wir sind zwei ganz schneidige. Schnittig und schneidig wäre nicht Dasselbe und von Eleganz weit entfernt. Wir könnten vielleicht mit unserem Gewicht aufschneiden, das wir auch zum Rollen bringen. Doch eigentlich hätten wir in diesem Jahr schon wieder zu viel davon. Spätestens in Dublin werde nochmals eine Auslegeordnung gemacht und ein Paket gefüttert. Das wollte sie schon gestern in Cherbourg. Dann scheiterte es auf der Poststelle. Der Postbeamte wusste kurz vor 12 Uhr nicht, ob nun aus der Schachtelkollektion die rote, "Monde" oder die blaue, "Europe" für die Schweiz zu verwenden ist. Simone fand das helvetisch "lustig". Wollte aber nach der Mittagspause nicht nochmals kommen. Sie war an diesem letzten Tag in Frankreich zum Lunch bei einem netten Paar eingeladen. Das war ihr wichtiger. Die drei hatten sich in der Warteschlange in einem Restaurant kennengelernt und konnten endlos über Fahrradreisen, Essen, Geschichte und Geschichten und Politik plaudern.
Visalos einschachteln
Ich gönne ihr das alles. Langsam wäre aber Planung angesagt. Denn es "chribelt" bei ihr inzwischen etwas heftiger bei der Vorstellung, bald in Seattle zu landen. Und die Route des TransAmerica Bicyclet Trail beim Namen zu nennen, braucht für sie noch immer Ueberwindung oder bleibt eine abstrakte Linie. Gut, erst muss ich für den Transport noch eingeschachtelt werden. Aber es wäre ebenso Zeit, den Termin kommende Woche bei der Amerikanischen Botschaft in Bern abzusagen. Die drei visalosen ESTA-Monate für die USA reichen auch und wir werden so weit kommen, wie es uns gefällt. Hauptsache, wir machen uns auf den Weg und lassen uns überraschen. Schliesslich bleibt auf der anderen Seite des Atlantiks am Ende alles gleich: Simone packt mich aus, packt auf, platziert das Navi und fährt los. Ich selbst war noch nie ausserhalb von Europa, ich freue mich auf West nach Ost!