Simones Reiseschnipsel

It's me - «Wanderlust» (VI)

vom
31.5.23


Mit Wind ums Chassis


Es gibt mich noch! Das letzte Mal kam ich auf der Fähre von Cherbourg nach Irland zu Wort. Das war vor fünf Wochen. Dazwischen hat Simone mich ein- und ausgepackt und wieder bepackt. Dann Achtung, fertig, Regen! Am 4. Mai starteten wir den Transamerica Bicycle Trail in Astoria, Oregon. Nach drei nassen, kalten Tagen gab es drei heisse Frühlingswochen mit Sommergewittern.


Es geht uns gut. Gut, die Amerikaner würden «Great!» sagen. Die Stimme erreicht dabei eine Tonlage, die wir bei «Autsch!» nutzen. Simone hat sich daran gewöhnt. Kleinwenig an das Grosse, Grossartige und auch an das Andere hier. Soweit dies möglich oder nötig ist. Ab und zu murmelt sie noch: «Hallo, geht's noch grösser?». Kürzlich meinte sie aber, in diesem Land würde auch sie einen grösseren Schlitten als ihren Fiat Panda fahren. Ohne bleibe man man hinterm Berg oder auf der Strecke. 

Und was ist mit mir? Noch vor wenigen Tagen hielt sie mich fester am Lenker und dachte: «Der Typ zieht mir bald meinen kleinen Schlitten unterm Hintern weg und überlässt mir seine zwei Teenagern». Er war vor Begeisterung nicht zu halten. Im letzten Jahr sei er auch den «Transam» gefahren... die beste Zeit seines Lebens! Gut, da käme bald noch der Lolo Pass. Aber danach, alles «great»!

Wenn die Party steigt

Nun sitzt Simone am Salmon River, der an dieser Stelle gross und breit, und plant die nächsten fünf Tage. Damit dieser Lolo nicht zu steil würde. Richtig steile Zeiten hatten wir im letzten Jahr im Peak District der Pennines in Nordengland! Bis jetzt hatten wir hier keine Stosszeiten am Berg. Der erste Pass wirkte nur wenig wie ein Schweizer Bergpass: Schnee, Skilift und Aussicht auf richtige Bergspitzen. Mount Washington! Einer der imposanten in den Kaskaden, aus Vulkangestein.

Wir müssen zugeben, bis zum Santiam hatten wir Null Pedalahnung von Pässen. Die Steigungen waren bis jetzt nur stetig bis zäh lange. Auch gut, so wird sie zäher und kann sich stetig steigern.

Warum sie nun ein Ding um diesen Lolo macht – schwer nachvollziehbar. Bis jetzt kamen die Pässe nicht über 1'600 Höhenmeter. Sechs haben wir schon gebodigd. Da darf dieser Lolo ein steilerer Lollipop sein.

Verständlich aber, dass sie sich zwischen den langen Etappen um einen vernünftigen Schlafplatz sorgt. Um das Schleppen von Food und Wasser für zwei Tage, da keine Tankstelle weit und breit. Und klar möchte sie auch Zeit fürs Schauen haben. Gehe es hoch, klebe der Blick schon sehr lange und konzentriert an der Linie. Und werden die Strassen enger, dann denkt sie: «Hold the line, sonst spricht der Graben.» Schade nur, dass sie nicht mehr kreativ flucht, höchstens nervös Kaugummis schmatzt, wenn es streng und eng wird. Ab und zu höre ich noch ein irisches «Fog» schnauben. Ansonsten ist sie recht entspannt.

Grenztage sind Pausentage

Juchzen kann sie! Dann natürlich, wenn es bergab geht. Beim Ochocco Pass ging die Abfahrt sieben Meilen! Die haben wir mit Meilenstiefel und viel Wind um unsere Chassis genossen. Oregon hat es Simone, nach den ersten tristen Tagen in den Städten, doch sehr angetan. Nach jedem Pass war auch ich erstaunt, wie stark sich die Landschaft, das Klima, die Vegetation verändert. Und die Neugierde, was wohl als nächstes kommt, wird stetig grösser und pusht uns vorwärts.

Es gäbe so viel mehr zu sehen und zu erzählen. In diesem grossen, schönen Land werden aber auch meine Räder müde. Simone meint, sie hätte noch ein paar mehr, die würden auch in der Nacht weiterdrehen. Na ja, ab und zu überdreht sie wenig. Wenn sie einen Pausentag plant, dann bis zum Mittag. Schläft sie beim Planen im Sitzen vor «pm» ein, wird der Halbtag zu einem Ganztag. Nickerchen kann sich auch auch in irgendeiner Ecke oder hinter einem Baum. Man könne nicht nur immer uploaden, sondern müsse auch downloaden. Heute war so ein Tag, dazu Regen, bevor es wieder heiss werden soll. We will see.

Big greatings, your «Wanderlust»!

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