Ich bin's - zum zweiten Mal. Wir, Simone und ich, sind ja zu zweit auf unserer Radtour. Ab und zu zählt sie mich mit, andere tun das natürlich nicht. So oder so, ich bemühe mich auf jeden Fall, sie so sicher und komfortable wie möglich ans Ziel ihrer Wünsche zu fahren.
Ein Wunsch kann ich ihr leider nicht erfüllen: Dass allein reisende Frauen gleich beobachtet werden oder unbeobachtet bleiben, wie allein reisende Männer.
Seit drei Monaten verfolge ich, wie Frauen und Männer drei Arten von Fragen direkt oder indirekt stellen: Hast du keine Angst, so ganz allein? Hattest du schon eine Panne und konntest du die dann ganz alleine lösen? Hast du deinen Mann oder deine Schweizer Bank geplündert?
Die Antworten bleiben manchmal aus, ab und zu sind sie passend oder auch nicht, wie die Fragen selbst. Hier einige Müsterlis:
& Kannst du denn überhaupt ein Fahrrad reparieren? + Das werde ich dann sehen, wenn es nötig ist. Aber ich kann googeln, YouTube-Anleitungen folgen oder mit Menschen sprechen und um Hilfe bitten.
& Bekommst du dann nicht muskulöse Beine, wenn du soweit fährst?
& Ok. Sie und Ihr Fahrrad. Und wie viele checken noch ein? Ihr Mann, Freunde, ein Begleitfahrzeug? + Nein, "nur" ich inPerson.
& Wann können wir Sie heute Abend erwarten? Wo befinden Sie sich denn im Moment? Da brauchen Sie nicht mehr wie 10 Minuten.Was? Mit einem Bike? Ok. Ich warte auf jeden Fall auf sie. Das möchte ich sehen!
& Wow, deine Kassette und dein Ritzel vorne. Eins, zwei, drei…, du hast ja 12 Gänge! Wusstest du das? + Nein, ich habe nur 10 Finger;-) & Brauchst du die alle? + Nein, Hügel gibt's nur in der Schweiz:-) & Willst du mich ver…? + Nein, du mich ja auch nicht, oder?
& Ganz alleine? Und dein Mann? Das hätte ich meiner Frau nie erlaubt! Vielleicht zwei, drei Tage. Aber nicht Wochen oder sogar Monate!
& Bist wohl eine Abenteuerin? + Nein, eine Fahrradfahrerin.
& Du, darf ich Fragen, wie schwer dein Bike mit allem ist? + Mit mir und dem Gepäck inzwischen unter 220 Pfund;-)
& Hast du keinen Motor bei diesem Wind?! + Der Motor bin ich. & Wie deppert muss man sein!?
& Macht man solche Reisen nicht eher, wenn man jung ist?
& Ich würde nicht mal daran denken, eine solche Reise zu machen! Wo ist eigentlich mein Fahrrad Darling?
& Wow, du bist mutig! Oder verrückt!?
& Wow. So lange bist du schon unterwegs? Hast du deinen Mann oder deine Schweizer Bank geplündert?
& Hast du keine Angst? + Doch, ab und zu. Meist wird sie aber kleiner, wenn ich sie überwinde.
& Und welche Abenteuer hast du heute erlebt? + Heute habe ich den Amazonas von Thüringen durchquert;-)
& Hast du vor der Reise trainiert? + Nein. Aber inzwischen bin ich es.
& Arbeitest du? - Nein, im Moment reise ich. Danach suche ich mir wieder eine Arbeit.
& Ich könnte das nicht. Ich brauche jemanden, mit dem ich plaudern kann. + Wir plaudern doch nun auch miteinander, oder?
& Und dein Mann? Ist der zu Hause und verdient dasGeld, das du beim Reisen ausgibst?
& Im Gespräch mit einer Freundin: Weisst du, dass du eine Zumutung bist? + Was! Wieso? & Du machst einfach, was du willst, gegen alle Konventionen. + Konventionen!? Und wenn, ist das verboten? & Nein. Aber das ist für andere unbequem. + Eben. Auch für mich.
Als Drahtesel stellt man nicht so viele Fragen und noch weniger in Frage. Ausser Frage steht aber, dass zwei Fragen auf der Reise wirklich zentral sind: Kann ich dir behilflich sein? - und - Könntest du mir bitte behilflich sein?