Ich bin's, das Reisefahrrad von Simone. Im letzten Jahr reisten wir durch Deutschland, die Niederlande, England und abschliessend von Caen bis nach Paris. Als es im Peak District, im Norden von England, nicht mehr wie Butter lief, kam ich zu Wort und durfte von unserem «Velotürli nach Berlin & ein wenig weiter» erzählen. Nun bin ich zurück!
Nach genau 34 Wochen sind wir letzten Sonntag wiederum von zu Hause aus gestartet. Bei Sonne, Wind und Regen, mit dem ersten Etappenziel Strassburg vor den Rädern. Nun geht es weiter Richtung Paris und Cherbourg. Quer durch Frankreich. Simone mag schlichte Dinge. Ihr Zeigefinger fährt auf der Karte die Route, als wäre die Strecke ein Schleck. In der Planung vermeidet sie Höhenmeter und addiert lieber Kilometer. Kürzlich hat sie eine neue, persönliche Bestmarke gesetzt: über 100 Kilometer an einem Tag. Gut, am Rhein entlang, alles flach und kein Gegenwind. Sie meinte aber danach, Fahrradfahren mache high. High? Seit neuestem trinkt sie zwar Bier, aber ebenso ohne Alkohol. Jemand hat ihr geflüstert, alkoholfreies Bier sei das beste Isogetränk. Zugegeben, ich kenne dieses Rollgefühl auch - es ist nur schwer zu stoppen. Übertreibt man es, kommt der Motor auch beim Ruhen nicht zum Schlafen.
Daher möchte sie bei der zweiten Etappe vieles besser machen, vor allem aber Energie sparen. Einiges soll bleiben, zum Beispiel ich - hallo! Noch in der Schweiz hat sie eine junge Frau getroffen, die mit einem Trekking-Gravel-Fahrrad unterwegs war. "Fahrradliebe" hiess es. Na ja, auch Namen sind Geschmackssache. Die beiden haben endlos gequatsch und uns begutachtet, als könnten sie uns ohne nix, fix ersetzen. Wir gehören aber nicht zur Beauty Fraktion, wir sind von Dauer.
Hoffen wir, dass Simones Vorsätze auch von Dauer in der Umsetzung sind: früher aufstehen, früher losfahren, früher essen, früher planen, früher ins Bett... Dafür sei es nie zu spät, meint sie. Früher oder später werden wir sehen, was geglückt. Glück könne man nicht planen, dafür anziehen und Pech gehöre halt auch dazu, das wärme das Glück speziell.
Zurück zur Sache: Aktuell ist es durchgehend kühl, nass und windig. Wir pausieren für zwei Tage, damit am Montag die Sonne wieder scheint. Wir schlafen als einzige Gäste in einem Schloss, das eine Jugendherberge, eine Primarschule und ein Museum beherbergt und dennoch weitere freie Flügel hat. Das Kino liegt um die Ecke und Restaurants hat es in Saverne genügend. Unsere Reise hat wiederum bis im Sommer Zeit. Wie weit, das werden wir sehen. Simone drückt sich bei dieser Frage um Verbindlichkeit. Auch wenn wir gut angerollt sind, übersteigen ihre Pläne ab und zu ihre eigene Vorstellung. Entscheidend sei die Freude und vielleicht noch die Fitness? Aha. Ich jedenfalls, ich war im grossen Service!